Beobachtungen in der Marktwirtschaft
Allgemeine Beobachtungen
Zyklischer Konsum
Unendliches Wachstum
Der Wert der Knappheit
Probleme/Ineffizienz = Gewinn
Systemische Nebenwirkungen
Kosteneffizienz zulasten von Ressourceneffizienz
Verschwendung und Unterdrückung menschlicher Potentiale
Allgemeine Beobachtungen
Nach Ansicht der Bewegung (und auch nach strukturalistischen Gesichtspunkten) hat sich die heutige Gesellschaft weitgehend von der physischen Welt entkoppelt mit ihren Produktions- und Verteilungstechniken sowie ihrer sozialen Ordnung, die wenig bis gar keinen Bezug zur Umwelt oder zum aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in Bezug auf öffentliche Gesundheit und Nachhaltigkeit haben. Im Allgemeinen ist die Gesellschaft als Ganzes von schädlichen sozialen Werten durchsetzt.
Zyklischer Konsum
Unser profitorientiertes, wachstumsgesteuertes Wirtschaftssystem ist zu einem der größten Zerstörer von Ökosystemen und menschlichen Werten geworden. Die gesamte Weltwirtschaft ist auf „zyklischen Konsum“ angewiesen, was bedeutet, dass ständig Geld im Umlauf sein muss. Das wiederum bedeutet, dass ständig neue Waren und Dienstleistungen eingeführt werden müssen, unabhängig vom Zustand der Umwelt und den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen. Dieser „ewige“ Ansatz hat einen fatalen Fehler, denn die Ressourcen, wie wir sie kennen, sind endlich und die Erde ist im Wesentlichen ein geschlossenes System. Die Annahme, dass ein ständiger Konsum notwendig ist, um die Menschen zu beschäftigen und damit das Marktsystem am Laufen zu halten, führt zu massiver ökologischer Ausbeutung. Das eigentliche Ziel einer Wirtschaft besteht per Definition darin, strategisch und effizient zu haushalten – das heutige System verlangt das Gegenteil.
Unendliches Wachstum
Das moderne monetäre Marktmodell basiert darauf, dass Geld nicht nur aus Schulden entsteht, die gegen Zinserträge verkauft werden, sondern im aktuellen Finanzsystem wie eine Handelsware behandelt wird. Dies kann als sog. „Ponzi-Schema“ entlarvt werden (1). Jedes Mal, wenn diese Ware (Geld) verkauft wird (Bankkredite), muss sie zurückbezahlt werden (Schulden), wobei mehr Geld als Gebühr für den Gewinn (Zinsen) erhoben wird. Das Problem ist, dass der Zins der zur Begleichung der Schulden benötigt wird, in der ursprünglichen Geldmenge gar nicht vorhanden ist. D.h. Insolvenzen sind eine zwangsläufige Folge, da ja die Zinsen nicht mitgeschöpft wurden und von den Unternehmen und deren Mitarbeitern zusätzlich erwirtschaftet werden müssen. Dadurch entsteht ein zerstörerischer Kreislauf von immer mehr Produktion und Konsum mit verheerenden Folgen für Umwelt und Mensch. Mit anderen Worten: Konkurs und Zahlungsausfall sind keine Nebenprodukte – sie sind unvermeidlich, da die Gesamtmenge an Schulden immer höher sein wird, als die gesamte Geldmenge, die im System existiert. Dies führt einerseits zu einer massiven Geldknappheit, die viele Menschen auf vielen Ebenen unterdrückt, andererseits wird durch die ausgeweitete Geldmenge eine sukzessive Ausweitung der umlaufenden Warenmenge nötig, um den Preis zu stabilisieren – was letztlich Mehrkonsum und damit weitere Ausbeutung natürlicher Ressourcen und deren Verknappung bedeutet.
Der Wert der Knappheit
Die Mechanismen des Geldsystems ziehen aus der Knappheit einen strategischen Vorteil. Das bedeutet, dass erschöpfte Ressourcen für die Industrie kurzfristig sogar positiv sind, da mit jeder Einheit mehr Geld verdient werden kann. Dies steht im Zusammenhang mit dem monetären Gesetz von Angebot und Nachfrage und somit mit dem „Wert“ in der Wirtschaft. Es führt zu einer pervertiertierten verstärkten Ignoranz gegenüber Umweltproblemen und den negativen Folgen, die zu Knappheit führen – ganz zu schweigen von der Verstärkung von menschlichen Leiden, das durch die technischen Möglichkeiten nicht nötig sein müsste. Dieses System kann die Bedürfnisse vieler Menschen nicht befriedigen, weil es keine finanziellen Anreize hierfür gibt.
Probleme/Ineffizienz = Gewinn
In ähnlicher Weise benötigt das System auch Probleme/konstantes Verbraucherinteresse, um zu funktionieren. Es werden Symptome provoziert wie z.B. vermeidbare Erkrankungen oder defekte Technik – die dafür notwendigen Dienstleistungen werden dann gewinnorientiert von der Wirtschaft bereitgestellt. Natürlich führt dies auch zu einer inhärenten Missachtung des menschlichen Wohlbefindens und der Umwelt. Nachhaltigkeit, Effizienz und Langlebigkeit sind die Feinde dieses Wirtschaftsmodells.
Systemische Nebenwirkungen
Wie die Marktwirtschaft Probleme nutzt, um sich aufrecht zu erhalten und zu wachsen
Die Marktwirtschaft fördert einen zerstörerischen Kreislauf, den wir als Teil einer systemischen Nebenwirkung verstehen. Probleme wie Umweltverschmutzung oder soziale Ungleichheit werden nicht nachhaltig gelöst, sondern als externe Kosten toleriert, weil sie Wachstum und Arbeitsplätze sichern.
Das ist kein Zufall, sondern eine logische Folge eines Systems, das auf ständiges Wachstum angewiesen ist. Umweltverschmutzung etwa wird nicht verhindert, sondern führt zu neuen Industrien wie dem Recycling, die Jobs schaffen – auf Kosten des Planeten. Diese externen Kosten, wie verschmutzte Luft oder gesundheitliche Schäden, werden ignoriert, solange sie das BIP steigern.
Auch das Gesundheitssystem zeigt, wie Probleme genutzt werden, um den Markt zu nähren. Klaus Dörner warnte 2002 im Deutschen Ärzteblatt 1, dass das Gesundheitssystem Menschen in einen Zustand permanenter Sorge um ihre Gesundheit versetzt. Fitnesszentren, Wellness und Co. suggerieren, dass wir nie „gesund genug“ sind – ein Markt, der bewusst darauf ausgelegt ist, diese Sorge aufrechtzuerhalten, um 8,3 Millionen Jobs (Stand 10/2023) im Gesundheitsbereich zu sichern. Das ist kein böser Plan, sondern ein Anreiz des Systems: Wenn Probleme gelöst würden, brächen Arbeitsplätze und Profite weg.
Der Ökonom Tim Jackson erklärt in Prosperity Without Growth (2013) 2 [auf Deutsch Wohlstand ohne Wachstum], dass der Kapitalismus auf „zyklischem Konsum“ basiert: Es wird immer mehr produziert und konsumiert, auch wenn das schädlich ist, weil das System sonst zusammenbricht. Viele Jobs, die dabei entstehen, sind jedoch sinnlos. David Graeber schätzt in Bullshit Jobs (2018) 3, dass bis zu 40 % der Jobs in westlichen Gesellschaften „Bullshit Jobs“ sind – Tätigkeiten wie überflüssige Bürokratie, die keinen echten Nutzen bringen, aber das System am Laufen halten. Die systemischen Nebenwirkungen spiegeln sich wider in der Verschwendung von Ressourcen, der Zerstörung der Umwelt und halten uns im Hamsterrad gefangen. Anstatt Technologie zu nutzen, um Arbeit zu reduzieren und Freiheit zu ermöglichen, zwingt uns das System, weiterhin acht Stunden täglich mit oft sinnlosen Aufgaben zu verbringen.
Die Zeitgeist-Bewegung schlägt vor, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Mit einer Post-Knappheitswirtschaft könnten wir Probleme wirklich lösen, Arbeit durch Automatisierung minimieren und uns auf ein erfülltes Leben für alle konzentrieren – ohne Wachstumszwang.
Hier gibt es mehr zu diesem Thema:
Episode 26 https://www.revolutionnow.live/episode-26/ – Peter Joseph. Peter Joseph kritisiert im Podcast Revolution Now! Episode 26 das kapitalistische System dafür, Profit über das Wohl der Menschen zu stellen. Er beschreibt das Konzept des „Schattenanreizes“, bei dem Institutionen wie das Gesundheitswesen oder der Energiesektor davon profitieren, gesellschaftliche Probleme aufrechtzuerhalten, um wirtschaftliches Wachstum zu sichern. Anstatt Probleme wie Krankheiten oder Umweltschäden zu lösen, werden sie bewusst weitergeführt, da deren Lösung den Bedarf an Konsum und Wachstum gefährden würde.
Thinking in Systems: A Primer – Donella Meadows. In diesem Buch beschreibt D. Meadows systemische Dynamiken und wie falsche Anreize zu Probleme führen.
Kosteneffizienz zulasten von Ressourceneffizienz
Das gegenwärtige Paradigma stellt die Kosteneffizienz über die Ressourceneffizienz. Das bedeutet, dass die Reduzierung von Kosten zum Zwecke der Gewinnsteigerung zur Verwendung minderwertiger Materialien und/oder eingeschränkter Funktionalität (intrinsische sowie geplante Obsoleszenz) motiviert, anstatt eine ressourceneffiziente Methode zu verwenden, die auf Langlebigkeit und Wiederverwertbarkeit abzielt. Dies führt zwangsläufig zu Raubbau an der Natur sowie Umweltverschmutzung.
Verschwendung und Unterdrückung menschlicher Potentiale
Was die heutigen Berufe angeht, müssen wir uns fragen, ob er gesellschaftlich sinnvoll und notwendig ist. Tatsache ist, dass die meisten Berufe heute nicht direkt mit den eigentlichen Lebensnotwendigkeiten zu tun haben. In einer Zeit, in der sich unsere Technologie exponentiell weiterentwickelt und Menschen aus der Produktion verdrängt werden, handelt es sich bei den meisten Berufen um künstliche Gebilde, die geschaffen wurden, um Menschen zu beschäftigen, damit sie ihre Kaufkraft aufrechterhalten können.
In der Politik ist es heute üblich, von der „Schaffung von Arbeitsplätzen“ zu sprechen. Theoretisch könnte ein Beruf geschaffen werden, in dem Menschen dafür bezahlt werden, den ganzen Tag in einem Raum zu sitzen und Kaugummis zu testen – aber ist das eine sinnvolle Verwendung des menschlichen Geistes? Sollen wir unsere geistigen Fähigkeiten aus rein wirtschaftlichen Gründen für so genannte „Arbeit“ hergeben, unabhängig davon, ob diese tatsächlich zur persönlichen und/oder sozialen Entwicklung beiträgt? Diese Überlegung wird noch absurder, wenn wir erkennen, dass die Automatisierung uns nicht nur von der Arbeit befreit, sondern aufgrund des exponentiellen Fortschritts von Wissenschaft und Technik sogar effizienter und produktiver ist.
Jeder Mensch wird in eine Position der Abhängigkeit gegenüber Unternehmen oder Kunden gebracht, um Zugang zu den lebensnotwendigen Dingen zu erhalten. Dies ist nicht nur eine ständige Verschwendung des menschlichen Geistes und von Lebenszeit, sondern auch eine Form der Unterdrückung – Sklaverei. Die Kombination des garantierten Schuldenungleichgewichts und der Zwang zur Arbeit stellt eine strukturelle Form der Unterdrückung gegen die unteren Klassen dar, die die meisten Schulden haben und mehr regelmäßiges Einkommen benötigen.
Wie bereits erwähnt, haben die Fortschritte in Wissenschaft und Technik gezeigt, dass wir vieles automatisieren können. Je mehr wir die Arbeit automatisiert haben, desto produktiver sind die Abläufe geworden. Daher ist es nicht nur fahrlässig, wenn wir unser Leben mit Kellnern, Fließbandarbeiten, Autoreparaturen oder anderen sich wiederholenden, monotonen Tätigkeiten vergeuden, sondern es ist auch völlig unverantwortlich, wenn wir moderne Mechanisierungs- und Automatisierungstechniken nicht in allen Branchen anwenden, in denen dies möglich ist. Denn abgesehen vom strategischen Ressourcenmanagement ist dies ein wirksames Mittel, um Gleichgewicht und Überfluss für alle Menschen auf der Welt zu erreichen und so das Ungleichgewicht (z. B. Überlastung, Armut, Kriminalität usw.) zu verringern.
Tatsache ist, dass das Marktsystem sich selbst nicht mehr lange aufrechterhalten kann, denn die Unternehmen werden weiterhin durch Automatisierung Geld sparen und dadurch menschliche Arbeitskraft verdrängen. Hierdurch wird auch die Kaufkraft verdrängt und der unvermeidliche Verlust an „Wachstum“, der dieses System kennzeichnet, wird fortgesetzt.
Letztendlich hat die heutige Gesellschaft Zugang zu hochentwickelten Technologien und kann problemlos mehr als genug von Allem für alle Menschen auf der Erde bereitstellen. Dies ist möglich durch die Umsetzung einer Wirtschaft, die auf wissenschaftlichem Ressourcenmanagement und der Anwendung moderner Methoden basiert. Das ist das Ziel der Zeitgeistbewegung: Ein globales Bewusstsein zu kultivieren, um so die Menschheit in eine neue, nachhaltigere Richtung zu bewegen.
Quellenübersicht:
- Klaus Dörner (2002): „Gesundheitssystem: In der Fortschrittsfalle„, erschienen im Deutschen Ärzteblatt.
https://www.aerzteblatt.de/archiv/titel/dae/2002/38/gesundheitssystem-in-der-fortschrittsfalle-48b69829-5d1b-4e94-b78e-23bbda819725 ↩︎ - Tim Jackson (2013): „Prosperity Without Growth“
https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1037776381 ↩︎ - David Graeber (2018): „Bullshit Jobs“
https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1055443274 ↩︎