Modell & Lösungsansätze
Automatisierung der Arbeit
Autonome Stadt- und Produktionssysteme
Strategischer Zugang vs. Eigentum
Die Anwendung der wissenschaftlichen Methode auf gesellschaftliche Belange
Abkehr von Geld und Märkten
Technologische Vereinheitlichung der Erde durch einen „systemischen“ Ansatz
Quellen
Automatisierung der Arbeit
Da der Trend zu einem exponentiellen Anstieg in der Entwicklung der Informationstechnologie, der Robotik und der Digitalisierung anhält, ist es offensichtlich, dass die menschliche Arbeit immer ineffizienter wird, um die Versorgung der Weltbevölkerung zu gewährleisten. Seit dem Beginn der industriellen Revolution ist eine zunehmende Entwicklung in Richtung „technologischer Arbeitslosigkeit“ zu beobachten, was bedeutet, dass Menschen durch Maschinen in der Arbeitswelt ersetzt werden. Dieser Trend, dessen langfristige Auswirkungen auf die Beschäftigung durchaus umstritten sind, führt jedoch letztendlich zu einer Verdrängung der Arbeitnehmer und damit der Verbraucher – was wiederum den Konsum bremst.
Dieses Paradoxon wird jedoch von einem weiteren Aspekt verstärkt: Der Einsatz maschineller Arbeit (Automatisierung) ist in praktisch allen Bereichen nachweislich effizienter als menschliche Leistung. Verfolgt man beispielsweise den Leistungsoutput der Fabrikproduktion in der US-Stahlindustrie über die letzten 200 Jahre, so stellt man fest, dass mittlerweile nicht nur weniger als 5 % der ursprünglichen Arbeitskräfte in solchen Fabriken arbeiten, sondern dass die Effizienz und die Produktionskapazitäten parallel zu dieser Entwicklung erheblich gestiegen sind (1). Dieser Trend zeigt in der Tat, dass sich die Beschäftigung umgekehrt proportional zur Produktivität verhält: Je mehr Automatisierung stattfindet, desto produktiver wird eine Branche.
Es gibt heute monotone Berufe, die angesichts des Stands der Mechanisierung und Computerisierung (Kybernetisierung) einfach nicht mehr existieren müssen. Eine Automatisierung in diesen Bereichen würde nicht nur die alltägliche Bürde verringern und den Menschen mehr Freizeit verschaffen, sondern vor allem auch die Produktivität steigern. Maschinen brauchen keine Pausen, keinen Urlaub, keinen Schlaf, werden nicht krank und können sich nicht verletzen – sie müssen lediglich regelmäßig gewartet werden. Der Einsatz von Automatisierung an sich bedeutet, viele Formen des Überflusses auf diesem Planeten zu ermöglichen, von Lebensmitteln bis zu materiellen Gütern.
Um dies zu erreichen, kann das bisherige Lohnarbeitssystem nicht weiter bestehen. Man kann nicht leugnen, dass unser aktuelles Paradigma in seiner Forderung, die Menschen in Arbeit zu halten um der wirtschaftlichen Stabilität willen, den Fortschritt erstickt.
Wir sind dabei, ein Stadium zu erreichen, in dem die Effizienz der Automatisierung das System „Arbeit gegen Einkommen“ außer Kraft setzt und obsolet macht. Dieser Trend ist nicht mehr aufzuhalten, auch in der heute dominierenden Dienstleistungsbranche, in der der Mensch zunehmend von Automaten, Robotern und andere Maschinen ersetzt wird. Aufgrund von Phänomenen, die mit dem Mooreschen Gesetz (2) und den sinkenden Kosten für Computer und Maschinen zusammenhängen, ist es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis die Unternehmen die menschliche Arbeitskraft nicht mehr rational aufrecht erhalten können, da die Automatisierungssysteme unverhältnismäßig günstig werden. Natürlich handelt es sich hierbei um ein paradoxes Marktphänomen, das von einigen Theoretikern als „Widerspruch des Kapitalismus“ bezeichnet wird, da dadurch der Verbraucher (Arbeiter) selbst verschwindet und somit der Konsum sinkt.
Abgesehen von diesen Aspekten ist es wichtig, auch den Beitrag der menschlichen Arbeit zu berücksichtigen, der auf sozialer Relevanz und nicht auf finanziellem Gewinn beruht. In einer Post-Knappheitswirtschaft gäbe es keinen Grund für Berufe, die mit Bankwesen, Versicherungen, Börsenhandel, Groß- und Einzelhandel, Vertrieb, Immobilien, Werbung oder allgemein mit der Verwaltung von Geld zu tun haben.
Alle menschlichen Handlungen in Form von institutionalisierter Arbeit sollten auch den höchsten sozialen Nutzen haben. Es ist unlogisch, Ressourcen, Zeit und Energie für Tätigkeiten zu verschwenden, die keine notwendige, erhaltende oder fördernde Funktion für das gesellschaftliche Leben haben. Allein durch diese Umstellung würden Millionen von Arbeitsplätzen wegfallen, denn die Notwendigkeit der Erhaltung menschlicher Tätigkeiten, die der bloßen Beschäftigung dieser Menschen zum Gelderwerb dienen, würde nicht mehr existieren. Im Gegenzug würden auch all die kurzlebigen, minderwertigen Waren, Eitelkeitsartikel und kulturellen Schöpfungen, die die Menschen aus Status- oder Profitgründen beeinflussen sollen (kurz: Werbung), nicht mehr existieren, was unzählige Mengen an Zeit und Ressourcen einsparen würde.
Eine letzte Anmerkung zu diesem Thema:
Manche nehmen an, dass damit die kommunikativen Künste und der persönliche und soziale Ausdruck in Form von Malerei, Bildhauerei, Musik und dergleichen verloren gehen. Im Gegenteil, diese Ausdrucksformen werden wahrscheinlich florieren wie nie zuvor, denn die Menge an freier Zeit, die den Menschen zur Verfügung steht, wird eine Renaissance der Kreativität und des Erfindungsreichtums sowie der Gemeinschaft und des sozialen Kapitals ermöglichen. Der Wegfall der Arbeitspflicht wird auch den Stress reduzieren und eine freundlichere Kultur schaffen.
Es ist ein Unterschied, ob aufgrund des gesellschaftlichen Willens nachhaltig und effizient gearbeitet wird, wobei Erhaltung der Ressourcen, Produkteffizienz und relevante soziale Arbeiten im Vordergrund stehen, oder ob aufgrund persönlichen Ausdrucks, Erforschens und Experimentierens gearbeitet wird – was schon seit Anbeginn der Zeit ein Grundpfeiler der menschlichen Evolution ist.
Anders gesagt: Auch wenn es die Zielsetzung der Post-Knappheitswirtschaft ist, ineffiziente Arbeit abzuschaffen, die keinem sozialen Nutzen dient, bedeutet dies nicht, dass ausschließlich effiziente und nutzbringende Tätigkeiten übrig bleiben sollen. Beides, sowohl kreative Tätigkeiten im Müßiggang, als auch eine effiziente Ökonomie, können nebeneinander existieren.
Autonome Stadt- und Produktionssysteme
Es gibt viele brillante Ingenieure, die sich mit dem Thema Industriedesign auseinandergesetzt haben, von Jacque Fresco über R. Buckminster Fuller bis hin zu Nicola Tesla. Hinter solchen Entwürfen wie Jacque Frescos berühmten Kreisstädten oder Fullers geodätischen Kuppeln steht ein grundlegender Gedankengang: Strategische Effizienz und Produktivitätsmaximierung.
Frescos „kreisförmige Stadt“ beispielsweise besteht aus einer Reihe von „Gürteln“, die jeweils einer sozialen Funktion wie Energieerzeugung, Forschung, Erholung, Wohnen usw. dienen. Jede Stadt ist somit ein eigenes System, in dem nach Möglichkeit alle benötigten Güter und Dienstleistungen innerhalb des Stadtkomplexes produziert und erbracht werden. Zum Beispiel würde die erneuerbarer Energie in der Nähe des Stadtrands erzeugt werden, während die Nahrungsmittelproduktion näher am Zentrum in Gewächshäusern von industrieller Größe stattfinden könnte.
Dies unterscheidet sich in seiner Logik stark von der auf „Globalisierung“ basierenden Wirtschaft, in der wir heute leben und die durch unnötige Transporte und Arbeitsvorgänge ungeheure Mengen an Energie und Ressourcen verschwendet. Der Transport innerhalb der kreisförmigen Städte ist strategisch so angelegt, dass auf den Gebrauch von einzelnen Autos verzichtet werden kann, außer in seltenen Fällen wie z. B. bei Rettungsfahrzeugen. Auch die Häuser sind als Mikrosysteme konzipiert, wobei ein Großteil des Stroms intern erzeugt wird, z. B. durch Sonnenlicht, das von der Gebäudestruktur mit Hilfe der Photovoltaik-Technologie absorbiert wird. Weitere Informationen über diese Stadtsysteme findest Du unter https://www.thevenusproject.com.
Die geodätische Kuppel, die von Buckminster Fuller perfektioniert wurde, ist ein weiteres effizienzorientiertes Verfahren mit einem ähnlichen Gedankengang. Fullers Ziel war es, Konstruktionen zu bauen, die mit weniger Ressourcen mehr erreichen. Er erkannte die Probleme, die konventionelle Bautechniken mit sich bringen, sowie die ursprüngliche Stärke von natürlich vorkommenden Strukturen. Sie haben eine viel stärkere Struktur als ein herkömmliches Gebäude bei gleichzeitig geringerem Materialverbrauch. Kuppeln können sehr schnell gebaut werden, da sie modular vorgefertigt werden können und sich für die Massenproduktion eignen. Außerdem verbrauchen sie weniger Energie zum Heizen/Kühlen als eine herkömmliche Kastenstruktur. Weitere Informationen findest Du unter http://www.bfi.org.
Letztendlich geht es auch hier um Nachhaltigkeit und Effizienz auf allen Ebenen, von der „Wohnungsgestaltung“ bis zur „Erdgestaltung“. Das inhärent fehlerhafte Marktsystem wirkt dieser Effizienz aufgrund des ihm innewohnenden Wettbewerbsgefüges entgegen.
Strategischer Zugang vs. Eigentum
Das Konzept des Eigentums, was den meisten Menschen heute nicht bewusst ist, ist ein recht neues soziales Konzept. Vor der neolithischen Revolution gab es, wenn man von den heute existierenden Jäger- und Sammlergesellschaften ausgeht, keine Eigentumsverhältnisse, wie wir sie kennen. Meistens gab es weder Geld noch Handel. Die Gemeinschaften existierten auf egalitäre Weise und lebten im Rahmen der Tragfähigkeit ihrer Regionen und der natürlichen Produktion. Erst nach der landwirtschaftlichen Revolution, die schließlich mit der Aneignung von Ressourcen durch Schiffshändler und dergleichen fortgesetzt wurde – bis hin zu den heutigen Machtzentren und Konzernen – wurde das Eigentum zu einem fest definierten Grundelement der Gesellschaft, wie wir sie heute kennen.
Mit diesem Verständnis, das die verbreitete Vorstellung widerlegt, Eigentum sei das Ergebnis einer empirischen „menschlichen Natur“, wird der Verzicht auf Eigentum auch heute noch oft blindlings mit „Kommunismus“ und den Werken von Karl Marx in Verbindung gebracht. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass TZMs Befürwortung von „Zugang statt Eigentum“ auf logischen Schlussfolgerungen beruht, die sich fast ausschließlich auf strategisches Ressourcenmanagement und Effizienz stützen, und nicht auf einem oberflächlichen Einfluss dieser angeblich „kommunistischen“ Ideale. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den beiden, denn der Kommunismus wurde nicht aus der Notwendigkeit abgeleitet, Ressourcen zu erhalten und effizient zu verwalten. Der Kommunismus basiert in Theorie UND Praxis auf einem sozialen/moralischen Relativismus, der kulturspezifisch ist – und nicht umweltbezogen, wie es bei einer Post-Knappheitsökonomie der Fall ist.
Die eigentliche Frage, die für die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse relevant ist, ist nicht das Eigentum, sondern der Zugang. Für die Benutzung von Dingen ist deren Eigentum nicht erforderlich – weder von Einzelpersonen, noch von Unternehmen oder Regierungen. Eigentum ist eine zugangsbeschränkende, protektionistische Erfindung, die sich aus Generationen von Ressourcenknappheit ableitet und derzeit durch marktwirtschaftliche Werbung verstärkt wird, die die Status- bzw. Klasseneinteilung um des Geldes willen aufrecht erhält. Mit anderen Worten: Eigentum als System der kontrollierten Zugangsbeschränkung – sowohl physisch als auch ideologisch und gekoppelt mit dem inhärenten Geldwert und den daraus resultierenden Marktfolgen – ist unhaltbar, einschränkend und unpraktisch.
In einem Post-Knappheitsmodell verlagert sich der Schwerpunkt vom statischen Eigentum auf den strategischen Zugang. Das System ist so gestaltet, dass für die Gesellschaft jederzeit und im Rahmen des Bedarfs Zugang besteht. Anstatt beispielsweise verschiedene Sportgeräte zu besitzen, würden sich Zugangszentren entwickeln – typischerweise in Regionen, in denen solche Aktionen stattfinden – in denen man die Geräte einfach „ausleiht“, sie so lange wie nötig benutzt und dann zurückgibt. Diese bibliotheksähnlichen Einrichtungen lassen sich auf praktisch alle menschlichen Bedürfnisse anwenden. Natürlich werden diejenigen, die dies lesen und in einer eher individualistischen, materialistischen Denkweise konditioniert wurden, oft mit Behauptungen wie „Was ist, wenn ich grüne Golfschläger möchte, aber nur weiße verfügbar sind?“ widersprechen. An erster Stelle steht die Funktionalität des Produktes. Zudem sind diese Produkte für alle zugänglich. Sollte die Person das Bedürfnis haben, dieses Produkt zu „besitzen“, weil sie sich an der Ästhetik erfreut, steht es ihr jederzeit frei, eines anfertigen zu lassen, und bei Desinteresse zurückgeben zu können. Aber diese Art der Spezialanfertigung wäre im Grunde eine kulturelle Eitelkeit. Das menschliche Bedürfnis, sich äußerlich zur Schau zu stellen, wurde durch die Bedürfnisse des gegenwärtigen marktbasierten Systems (Konsum) zu Werten geformt, die weder funktional noch relevant sind. Ja, dies würde eine Werteanpassung hin zur Qualität und weg von der Identität erfordern. Tatsache ist, dass die übergreifenden sozialen Auswirkungen eines solchen Wertewandels selbst für diejenigen, die wegen ihres Interesses an persönlicher Identität dagegen sind, Vorteile mit sich bringen werden, welche jede willkürliche persönliche Präferenz bei weitem übersteigen und neue Werte schaffen, die die veralteten ersetzen.
Beispiele für diese Vorteile wären:
(a) Keine Eigentumsdelikte:
In einer Welt, in der es eher um Zugang als um Eigentum geht und in der es kein Geld gibt, gibt es keinen Anreiz zum Stehlen, da es keinen Wiederverkaufswert gibt. Man kann nichts stehlen, das niemandem gehört, und man kann es schon gar nicht verkaufen.
(b) Universeller strategischer Zugang:
Es wurde festgestellt, dass ein durchschnittliches Auto die meiste Zeit seines Lebens auf einem Parkplatz steht und damit Platz und Zeit verschwendet. Anstelle dieser Verschwendung als Konsequenz des Privateigentums könnte ein einziges Auto von einer großen Anzahl von Nutzern in einer bestimmten Region mit nur einem Bruchteil der benötigten Produktion und Ressourcen genutzt werden.
(c) Höchste Qualität und Ressourcenschonung in der Produktion:
Anders als heute, wo das Marktsystem von Natur aus minderwertige Produkte um des wirtschaftlichen Umsatzes willen aufrechterhalten muss, können wir Güter tatsächlich so gestalten, dass sie lange halten, und dabei die strategisch besten verfügbaren Materialien und Verfahren verwenden. Wir stellen keine „billigen“ Produkte mehr her, um eine arme Bevölkerungsgruppe zu bedienen, die aktuell einen Großteil der weltweiten Gesellschaft ausmacht. Allein diese Eigenschaft spart überwältigende Mengen an Ressourcen und ermöglicht einer Gesellschaft den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die sie in einer Welt, die auf Eigentum, Geld, Tauschhandel und geplanter Obsoleszenz basiert, nie erhalten hätte.
Die Anwendung der wissenschaftlichen Methode auf gesellschaftliche Belange
Die Anwendung der wissenschaftlichen Methode auf soziale Belange ist ein oft wiederholtes „Mantra“ für die Grundlage sozialen Handelns in einem Post-Knappheitsmodell. Während die Offensichtlichkeit dieser Aussage in Bezug auf die Industrie leicht zu verstehen ist, ist es wichtig, sich auch ihres Wertes in Bezug auf das menschliche Verhalten bewusst zu werden. Wissenschaft wurde in der Vergangenheit oft als kalte, dem täglichen Leben entfremdete Disziplin abgetan, die allein der Technologie und Erfindungen vorbehalten ist. Ihr Nutzen für das Verständnis des menschlichen Verhaltens findet derzeit wenig Beachtung.
Das abergläubische Denken, das die menschliche Evolution stark geprägt hat, ging davon aus, dass der Mensch auf irgendeine Weise von der physischen Welt losgelöst sei. Wir haben „Seelen“ bzw. „Geister“, wir sind „göttlich“, wir werden von einem alles sehenden, alles wissenden, alles kontrollierenden Gott geleitet usw.
Umgekehrt, und doch seltsam ähnlich, gibt es das Argument, dass der Mensch in seinen Entscheidungen einen „freien Willen“ hat und dass wir die Fähigkeit haben, unsere Handlungen frei zu wählen, unabhängig vom Einfluss unserer Umgebung oder sogar unserer Bildung. Auch wenn die beiden vorangegangenen Aussagen weitreichend sind und man zahlreiche kulturelle Argumente finden könnte, die das Gegenteil behaupten, ändert dies nichts daran, dass wir Menschen seit jeher gerne glauben, dass wir etwas Besonderes und Einzigartiges im Vergleich zum Rest der Organismen und natürlichen Phänomene um uns herum sind.
Im Laufe der Zeit ist jedoch immer deutlicher geworden, dass wir nichts Besonderes sind und dass es so etwas wie „Besonderes“ in der Natur nicht gibt – alle Organismen sind aufgrund ihrer Einzigartigkeit besonders. Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass der Mensch wichtiger oder besser ist, als ein Maulwurf, ein Baum, eine Ameise, ein Blatt oder eine Krebszelle. Das ist keine „New-Age“-Rhetorik, sondern grundlegende Logik. Wir sind physikalische Phänomene – nicht mehr und nicht weniger.
Wir sind in hohem Maße von unserer Kultur beeinflusst. Unsere Werte und Verhaltensweisen sind zum größten Teil das Ergebnis unserer Konditionierung, da äußere Phänomene mit unseren genetischen Veranlagungen interagieren. So gibt es zum Beispiel den Begriff „Talent“, der ein anderes Wort für eine genetische Veranlagung für ein bestimmtes Verhalten oder eine Reihe von Verhaltensweisen ist. Ein Wunderkind am Klavier hat vielleicht eine angeborene Fähigkeit, die es ihm ermöglicht, schneller zu lernen und besser zu spielen als Andere, die die gleiche Zeit mit Üben verbracht haben, aber nicht die genetische Veranlagung besitzen. Trotzdem musste diese „begabte“ Person immer noch lernen, „was ein Klavier ist“ und wie man es spielt. Mit anderen Worten: Gene sind keine autonomen Auslöser von Befehlen. Es bedarf Auslöser aus der Umwelt, damit sich Neigungen verwirklichen können.
Jedenfalls geht es in diesem Artikel nicht darum, das Argument von „Veranlagung und Umwelt“ zu vertiefen. Es geht darum, dass wir nachweislich wissenschaftlich definierbar und ein Produkt einer nachvollziehbaren Kausalität sind. Dieses Verständnis kann es uns ermöglichen, abweichendes oder „kriminelles“ Verhalten wie Missbrauch, Mord, Diebstahl und dergleichen, das wir heute in der Gesellschaft beobachten, zu verlangsamen oder sogar zu stoppen. Wenn man die Auswirkungen der menschlichen Konditionierung verstanden hat, besteht die logische Konsequenz darin, die Umwelteinflüsse zu beseitigen, die diese Reaktionen ermöglichen.
Genauso wie ein misshandelter Hund, der eine Woche lang ausgehungert wurde, auf einen ansonsten harmlosen Passanten sehr gewalttätig reagieren könnte, haben wir Menschen die gleiche Verhaltensdynamik. Wenn wir nicht wollen, dass Menschen Essen stehlen, sollten wir es ihnen nicht vorenthalten. Wenn man einem Kind beibringt, ein hasserfüllter Rassist zu sein, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Werte es ein Leben lang begleiten. Die menschlichen Werte und damit auch das menschliche Verhalten werden durch die Umwelt in einer auf Ursache und Wirkung beruhenden Weise geformt, nicht anders als ein Blatt, das vom Wind verweht wird.
In einem Post-Knappheitsmodell liegt der Schwerpunkt bei der Beseitigung schädigender menschlicher Handlungen nicht darin, Menschen zu „bestrafen“, sondern die Gründe für diese zu finden und daran zu arbeiten, sie zu beseitigen. Der Mensch gilt darin als ein Produkt seiner Umwelt, und persönliche/gesellschaftliche Reformen sind ein wissenschaftlicher Prozess.
Abkehr von Geld und Märkten
In der Markttheorie geht man von einer Reihe von Annahmen aus, die sich entweder als falsch, wenig vorteilhaft oder sogar als sozial schädlich erwiesen haben.
Die Kernprobleme, die es zu berücksichtigen gilt, sind die folgenden:
A) Die Notwendigkeit eines „unendlichen Wachstums“, das mathematisch unhaltbar und ökologisch schädlich ist
Die Grundlage der Marktwirtschaft ist nicht die intelligente Bewirtschaftung unserer zumeist endlichen Ressourcen auf diesem Planeten, sondern die fortwährende Entnahme und der Verbrauch dieser Ressourcen im Interesse von Profit und Wirtschaftswachstum. Um die Menschen in Arbeit halten zu können, müssen sie ständig konsumieren, unabhängig vom Zustand der Umwelt und oft auch unabhängig vom Nutzen der Produkte. Dies ist das absolute Gegenteil dessen, was eine nachhaltige Praxis erfordern würde, nämlich die strategische Erhaltung und effiziente Nutzung von Ressourcen.
B) Ein korruptionserzeugendes Anreizsystem
Es wird oft gesagt, dass der wettbewerbsorientierte Markt den Anreiz schafft, im Sinne des sozialen Fortschritts zu handeln. Das stimmt zwar zum Teil, aber er erzeugt auch ein ebenso großes, wenn nicht sogar noch größeres Ausmaß an Korruption in Form von geplanter Obsoleszenz, allgemeiner Kriminalität, Kriegen, Finanzbetrug, Ausbeutung von Arbeitskräften und vielen anderen Problemen. Die überwiegende Mehrheit der Menschen, die heute in Gefängnissen sitzen, sind wegen Geld- und Warendiebstahl oder gewaltloser Beschaffungskriminalität dort. Die Mehrzahl der Gesetze steht im Zusammenhang mit geld- oder eigentumsbezogenen Straftaten.
Auch wenn man sich kritisch mit der Geschichte auseinandersetzt und einen Blick in die dokumentierten Biografien der größten Wissenschaftler und Erfinder unserer Zeit wirft, wie Nikola Tesla, Albert Einstein, Rudolf Diesel, den Gebrüdern Wright und vielen anderen, so stellt man fest, dass sie ihre Motivation nicht in der Aussicht auf finanziellen Gewinn fanden. Das Interesse, Geld zu verdienen, darf nicht mit dem Interesse, gesellschaftlich nützliche Produkte zu schaffen, verwechselt werden, und zumeist stehen sie sogar im Widerspruch zueinander.
C) Ein zusammenhangloser, ineffizienter Industriekomplex, der enorme Mengen an Ressourcen und Energie verschwendet
In der heutigen Welt ist es mit dem Aufkommen der Globalisierung profitabler geworden, sowohl Arbeitsplätze bzw. -kräfte als auch Waren und Ressourcen über den ganzen Globus zu im- und exportieren, anstatt vor Ort zu produzieren. Es werden Äpfel aus Spanien und abgefülltes Wasser von Frankreich und Japan nach Deutschland importiert, während Unternehmen des globalen Nordens in benachteiligten Ländern des globalen Südens unter anderem billige Arbeitskräfte ausbeuten. Ebenso kann der Prozess von der Rohstoffgewinnung über die Herstellung von Komponenten bis hin zur Montage und zum Vertrieb einer bestimmten Ware für ein einziges Endprodukt über mehrere Länder laufen, einfach aufgrund der Arbeits- und Produktionskosten bzw. der Grundstückskosten. Diese „Kosteneffizienz“ führt zu extremer technischer Ineffizienz und ist innerhalb des Marktsystems nur aus Gründen der Kosteneinsparung zu rechtfertigen.
In einem Post-Knappheitsmodell steht die maximale technische Effizienz im Vordergrund. Der Produktionsprozess wird nicht global verstreut, sondern so lokal und fließend wie möglich gestaltet, wobei die Komponenten so wenig wie möglich bewegt werden, was im Vergleich zu den heutigen Methoden enorme Mengen an Energie, Arbeit, Maschineneinsatz und Infrastruktur einsparen würde. Lebensmittel werden, wann immer möglich, vor Ort angebaut, was angesichts der Flexibilität der heutigen Indoor-Landwirtschaftstechnologie bereits machbar wäre, während die gesamte Rohstoffgewinnung, Produktion und Verteilung logisch organisiert ist, um so wenig Arbeit, Transport und Fläche wie möglich zu benötigen und gleichzeitig die strategisch bestmöglichen Güter zu produzieren (siehe Punkt E). Mit anderen Worten: Das System ist so gestaltet, dass Effizienz maximiert und Verschwendung minimiert wird.
D) Die Tendenz, Etabliertes erhalten zu wollen
Etablierte Unternehmen und Finanzordnungen tendieren dazu, neue, positive soziale Entwicklungen zu verhindern, wenn hierdurch ein Verlust von Marktanteilen, Gewinnen und somit von Macht droht. Es ist wichtig sich bewusst zu sein, das Unternehmen im aktuellen System ein inhärentes Bedürfnis nach Selbsterhaltung haben:
Wenn eine Person ein Unternehmen gründet, Mitarbeiter einstellt, einen Markt schafft und profitabel wird, ermöglicht das, was auf diese Weise geschaffen wurde, das Überleben einer Gruppe von Menschen. Da jede Person in dieser Gruppe typischerweise von dieser Organisation abhängig ist, um ein Einkommen zu erzielen, entsteht eine natürliche, protektionistische Neigung, während alles, was die Institution bedroht, das Wohlergehen der Gruppe bzw. des Einzelnen gefährdet. Dies ist die Struktur einer „Wettbewerbsmentalität“. Während die Menschen den Wettbewerb auf dem freien Markt als einen Kampf zwischen zwei oder mehreren Unternehmen in einer bestimmten Branche betrachten, übersehen sie oft die andere Ebene – den Wettbewerb gegen neue Errungenschaften, die sie gänzlich überflüssig machen würden.
Am besten lässt sich dieser Punkt anhand eines einfachen Beispiels erläutern, z. B. der Absprache zwischen der US-Regierung und den großen Ölkonzernen, um die Verbreitung von Elektroautos in den USA zu verhindern. Dieses Thema wurde in dem Dokumentarfilm „Who Killed the Electric Car?“ gut dargestellt und belegt (Youtube-Video). Die Quintessenz ist, dass Interessengruppen eines etablierten profitablen Geschäftsmodells versuchen werden, Fortschritt zu ersticken, der ihrem Fortbestehen gefährlich werden könnte. Eine neue Technologie, die eine frühere Technologie überflüssig machen kann, stößt auf Widerstand, außer es gibt eine Möglichkeit, dass das Marktsystem sie langsam aufnimmt und den Unternehmen einen Übergang ermöglicht, z.B. das Fortbestehen von Hybrid-Autos in den USA, die als Zwischenstufe zum E-Auto technisch eigentlich unnötig wären. Es gibt auch viele Beweise dafür, dass die FDA (Food and Drug Administration) die Pharmaunternehmen begünstigt und mit ihnen kollaboriert, um die Verfügbarkeit fortschrittlicher Medikamente einzuschränken bzw. zu verhindern, die bestehende profitable Medikamente verdrängen würden.
In einer Post-Knappheitswirtschaft gibt es nichts, was die Entwicklung bzw. Implementierung von Neuem aufhalten könnte, solange es sicher und nützlich ist. Es würde sofort in die Gesellschaft eingeführt werden, ohne dass eine monetäre Institution die Veränderung aufgrund ihres selbsterhaltenden, monetären Charakters vereiteln könnte.
E) Eine inhärente Veralterung, die minderwertige Produkte hervorbringt
Diese wenig beachtete Eigenschaft der Produktion ist ein weiteres Beispiel für die Verschwendung, die in der derzeitigen Marktwirtschaft entsteht. Dass konkurrierende Unternehmen ständig die selben Produkte duplizieren, um ihre Variationen für den öffentlichen Konsum interessanter zu machen, ist an sich schon unnötig und redundant. Aber noch verschwenderischer ist die Tatsache, dass es wegen der Wettbewerbsgrundlage des Systems eine mathematische Gewissheit ist, dass jede produzierte Ware im Moment ihrer Herstellung bereits minderwertig ist: Die anfänglichen Produktionskosten müssen gesenkt werden, um gegenüber anderen Unternehmen „wettbewerbsfähig“ zu bleiben, die das Gleiche aus demselben Grund tun. Die in der Marktwirtschaft verbreitete Annahme, wonach die Hersteller „die bestmöglichen Waren zu den niedrigsten Preisen herstellen“, ist eine unnötig verschwenderische Fantasie und in höchstem Maße irreführend, da es für ein Unternehmen unmöglich ist, bei der Produktion von Waren und Dienstleistungen die effizientesten Materialien oder Verfahren zu verwenden, weil es zu teuer wäre, eine wettbewerbsfähige Kostenbasis aufrechtzuerhalten.
Die Unternehmen können ganz einfach nicht das „qualitativ Beste“ herstellen, da es marktwirtschaftlich unmöglich wäre. Wenn sie es täten, würde es niemand kaufen, denn es wäre aufgrund der höherwertigen Materialien und Methoden unerschwinglich. Die Menschen kaufen, was sie sich leisten können. Jeder Mensch auf diesem Planeten hat eine situationsabhängige Kaufkraft, so dass ein Teufelskreis ständiger Verschwendung durch minderwertige Produktion entsteht, um minderwertige Nachfrage zu befriedigen. In einem Post-Knappheitsmodell werden Güter für eine lange Lebensdauer hergestellt, wobei deren Erweiterung, Aktualisierung und auch das Recycling in das Design integriert sind, um die Verschwendung zu begrenzen.
Im Abschnitt C wurde die Bezeichnung „strategisch bestmögliche Güter“ verwendet. Diese Qualifikation bedeutet, dass diese Güter unter Berücksichtigung des Zustands der verfügbaren Ressourcen hergestellt werden, wobei die Qualität der verwendeten Materialien auf einer Analyse basiert, die ihre relevanten Eigenschaften, Erschöpfungsraten, negative Auswirkungen und dergleichen berücksichtigt. Beispielsweise würde nicht blindlings Titan für jedes einzelne Computergehäuse verwendet werden, nur weil es das „stärkste“ Material für diese Aufgabe sein könnte. Diese engstirnige Praxis würde zu einer unnötigen Verknappung führen. Vielmehr gäbe es eine Abstufung der Materialqualität durch allgemein zugängliche Analysen relevanter Eigenschaften wie vergleichbare Ressourcen, natürliche Veralterungsraten, statistische Verwendung, Recyclebarkeit usw. Diese Eigenschaften und Beziehungen können computergestützt bewertet werden, wobei die strategisch sinnvollste Lösung in Echtzeit berechnet und ausgegeben würde – eine reine Frage der Kalkulation 😘
F) Monopol- und Kartellbildung aufgrund der Motivation des Wachstums und der Erhöhung des Marktanteils
Dies ist ein Punkt, der von Wirtschaftstheoretikern oft geleugnet wird, weil sie davon ausgehen, dass sich der offene Wettbewerb selbst reguliert und Monopole und Kartelle in einem System der freien Marktwirtschaft äußerst seltene Anomalien sind. Diese Annahme der „unsichtbaren Hand (3)“ ist aus historischer Sicht wenig stichhaltig, ganz zu schweigen von der umfangreichen Gesetzgebung zu diesem Thema, die ihre Untauglichkeit beweist. In Amerika hat es zahlreiche Monopole gegeben, wie Standard Oil und Microsoft. Kartelle, bei denen es sich im Wesentlichen um Monopole handelt, die durch Absprachen zwischen den größten Konkurrenten in einem Wirtschaftszweig zustande kommen, gibt es auch heute noch, wenngleich sie für den gewöhnlichen Beobachter vielleicht weniger offensichtlich sind. In jedem Fall löst der „freie Markt“ selbst diese Probleme nicht, weshalb Regierungen eingreifen müssen, um die Monopole zu zerschlagen.
Abgesehen davon ist der wichtigere Punkt, dass es in einer auf Wachstum basierenden Wirtschaft nur natürlich ist, dass Unternehmen expandieren und hierdurch dominieren wollen. Schließlich ist dies die Grundlage der wirtschaftlichen Stabilität in der modernen Welt – Expansion. Die stetige Expansion von Unternehmen führt immer in Richtung von Monopol- oder Kartellbildung, denn auch hier besteht der grundlegende Antrieb des Wettbewerbs darin, den Konkurrenten zu verdrängen. Mit anderen Worten: Monopole und Kartelle sind in einem Wettbewerbssystem absolut natürlich. Sie sind sogar unvermeidlich, denn die Grundlage dieses Systems ist das Streben, den Markt zu dominieren. Diese destruktive Eigenschaft geht auf den oben genannten Punkt zurück – die inhärente Neigung eines „Establishments“, seine Institution zu erhalten. Wenn ein medizinisches Kartell die FDA beeinflusst, dann werden neue Ideen, die die Einkommensquellen dieses Kartells gefährden könnten, oft bekämpft, ungeachtet des möglichen sozialen Nutzens, der dadurch vereitelt werden würde.
G) Einfluss der Knappheit auf das Marktsystem
Je weniger es von einer Ware gibt, desto mehr Geld kann kurzfristig mit dieser erwirtschaftet werden. Dies führt dazu, dass Unternehmen dazu neigen, die Verfügbarkeit zu begrenzen und somit einen Mangel zu erhalten. Es liegt einfach nicht in der Natur von Angebot und Nachfrage, Überfluss zu erschaffen – vielmehr gibt es finanzielle Anreize, Güter künstlich knapp zu halten. Der weltweit bekannte Onlineversandhändler Amazon hat in der Vergangenheit nachweislich Produkte verbrannt, anstatt diese in den Ausverkauf zu geben, zu spenden oder recyclen zu lassen (4). Hieran erkennt man, dass es nicht die Zielsetzung unserer Marktwirtschaft ist, bestehende Bedarfe zu decken. Nachhaltiges Wirtschaften sollte darauf basieren, einen strategischen Überfluss für die Menschen zu schaffen, zusammen mit strategischer Bewahrung und effizienten Methoden, um Bedarfsdeckung zu ermöglichen.
Im Jahr 2021 haben über 800 Millionen Menschen auf der Welt gehungert – das entsprach etwa 1/10 der Weltbevölkerung (5). Dies hat nichts mit der Unfähigkeit zu tun, Lebensmittel zu produzieren, sondern damit, dass mit der Befriedigung dieses Bedarfes keine lukrativen Gewinne erwirtschaftet werden können.
Überfluss, Effizienz und Nachhaltigkeit sind schlicht und einfach Feinde des Profits. Diese Eigenschaften der Knappheit wirken sich auch auf die Qualität von Waren aus. Der Gedanke, etwas herzustellen, das z. B. ein Leben lang hält und nur wenig repariert werden muss, widerspricht den Regeln des Marktsystems, da es die Konsumquote senkt, was das Wachstum bremst und systemische Auswirkungen hat (Verlust von Arbeitsplätzen usw.). Das Knappheitsattribut des Marktsystems ist aus diesen Gründen überwiegend schädlich, ganz zu Schweigen davon, dass es nicht einmal die oft zugeschriebene Funktion der effizienten Ressourcenerhaltung erfüllt.
Angebot und Nachfrage bewirken zwar, dass bestimmte Güter aufgrund von hohen Preisen nur eingeschränkt genutzt werden, dies hat aber nichts mit bewusster strategischer Ressourcenerhaltung oder der Deckung von Bedarfen zu tun. Laut gegenwärtigem Marktsystem würde uns das Öl wahrscheinlich nie „ausgehen“. Die Preise werden vielmehr so hoch, dass sie für die Mehrheit unerschwinglich werden, während die Konzerne, die das verbleibende Öl besitzen, viel Geld mit der Knappheit verdienen werden – ungeachtet der langfristigen sozialen Auswirkungen. Mit anderen Worten: Der Verbleib knapper Ressourcen, die einen so hohen wirtschaftlichen Wert haben, dass ihr Verbrauch eingeschränkt wird, ist nicht zu verwechseln mit einer funktionalen und strategischen Bewahrung. Echte strategische Bewahrung kann nur durch das direkte Management der betreffenden Ressource bezogen auf die effizientesten technischen Anwendungen dieser in der Industrie selbst erfolgen, nicht durch willkürliche, oberflächliche Preisverhältnisse ohne rationalen Bezug.
Technologische Vereinheitlichung der Erde durch einen „systemischen“ Ansatz
Wir leben in einem symbiotischen/synergetischen planetaren Ökosystem mit einem Ursache-Wirkungs-Gleichgewicht, das ein einziges System irdischer Abläufe widerspiegelt. Buckminster Fuller hat dies gut definiert, als er den Planeten als „Raumschiff Erde“ bezeichnete. Es ist an der Zeit, dass sich dieser natürliche Zustand in unserem gesellschaftlichen Handeln widerspiegelt. Tatsache ist, dass menschliche Gesellschaften, die über den gesamten Globus verstreut sind, Ressourcen benötigen, die ebenfalls ungleichmäßig über die Erde verteilt sind. Unser derzeitiges Verfahren zur Verteilung der Ressourcen findet durch Konzerne statt, die das „Eigentum“ an unseren irdischen Ressourcen anstreben und beanspruchen, die sie wiederum im Namen des Profits an Andere verkaufen. Diese Praxis ist problematisch, weil sie auf Eigeninteresse basiert, das dem Verkauf von beliebigen Dingen (Waren oder Dienstleistungen) zum persönlichen Vorteil innewohnt. Aber im Großen und Ganzen ist dies nur ein Teil des Problems, wenn man bedenkt, dass wir auf einem endlichen Planeten leben und dass die Organisation und Erhaltung der Ressourcen das wichtigste Anliegen im Hinblick auf das Überleben der Menschheit sein sollte, insbesondere angesichts der Bevölkerungsexplosion seit dem 18. Jahrhundert.
Jede Sekunde werden 2,6 Menschen auf diesem Planeten geboren (Stand Mai 2022), und jeder von ihnen braucht ein Leben lang Nahrung, Energie, Wasser und Ähnliches. Es ist grundlegend notwendig zu verstehen, welche Ressourcen wir haben und wie schnell diese erschöpft sind, sowie die Notwendigkeit, die Industrie auf die effizienteste und produktivste Weise zu rationalisieren. Daher ist es nur gesunder Menschenverstand, dass ein globales System für Ressourcenmanagement eingerichtet werden muss. Dies ist ein umfangreiches Thema, wenn man die technischen, quantitativen Variablen berücksichtigt, die für die Umsetzung erforderlich sind. Um einen Überblick zu bekommen wäre der erste Schritt eine vollständige globale Bestandsaufnahme aller Ressourcen dieses Planeten. Dann wird auf der Grundlage einer quantitativen Analyse der Eigenschaften jedes Materials ein strategisch definierter Produktionsprozess vom Anfang bis zum Ende konstruiert, wobei Variablen wie negative Auswirkungen, Erneuerbarkeit usw. berücksichtigt werden – mehr dazu im Abschnitt „Projekt Erde“ in der TZM-Vorlesung „Wohin gehen wir?“, vorerst nur auf Englisch (6). Dann wird auf Verbrauchsstatistiken zugegriffen, die Erschöpfungsraten werden überwacht, die Verteilung wird logisch ausgearbeitet usw..
Mit anderen Worten: Es handelt sich um einen vollständigen Systemansatz für das Management, die Produktion und die Verteilung der Ressourcen mit dem Ziel der größtmöglichen Effizienz, Erhaltung und Nachhaltigkeit. Angesichts der mathematisch definierten Attribute, die auf allen aktuell verfügbaren Informationen und dem jeweiligen Stand der Technik beruhen, werden die Parameter für das soziale Handeln offensichtlich, wobei die Entscheidungen durch Berechnungen und nicht durch menschliche Meinungen getroffen werden. An dieser Stelle wird die Künstliche Intelligenz (KI) zu einem wichtigen Instrument für die gesellschaftliche Steuerung, denn nur mittels Kybernetik (7) können derartig komplexe Prozesse verarbeitet und effizient in Echtzeit strategisch reguliert werden. Dieses technologische Verfahren ist nicht neu, es handelt sich lediglich um die Anwendung bereits bekannter Methoden.
Quellen:
(1) ⇡ Schwartz, N. (2003): Will ‘Made in the USA’ fade away? Fortune, S. 102, Nov 24th 2003.
(2) ⇡ „Das mooresche Gesetz (englisch Moore’s law; deutsch „Gesetz“ im Sinne von „Gesetzmäßigkeit“) besagt, dass sich die Komplexität integrierter Schaltkreise mit minimalen Komponentenkosten regelmäßig verdoppelt […].“ (Wikipedia Stand 20. Juni 2023) https://wikibu.ch/search.php?search=mooresche+Gesetz
(3) ⇡ Der Begriff der „unsichtbaren Hand“ wurde ca. 1776 im Buch „Wohlstand der Nationen“ von Adam Smith geprägt und weist auf die angenommene „Selbstregulierung freier Märkte“ hin.
https://wikibu.ch/search.php?search=unsichtbaren+Hand
(4) ⇡ Nachweislinks bzgl. Amazon und der Verbrennung von Produkten:
https://www.focus.de/finanzen/news/unternehmen/frontal-21-berichtet-onlinehaendler-amazon-vernichtet-massenhaft-neuware-und-retouren_id_9060361.html
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/amazon-297.html
(5) ⇡ Nachweislink bzgl. der Weltbevölkerung und der Anzahl der Hungernden:
https://www.welthungerhilfe.de/hunger/welthunger-index/
(6) ⇡ „Project Earth“ ist ein Teil des TZM-Vortrags „Where are we going?“ und liegt derzeit nur in der englischen Originalversion vor.
Kompletter Vortrag: https://www.youtube.com/watch?v=HfPYpTyWdp4
Abschnitt „Project Earth“: https://www.youtube.com/watch?v=yPmHaTirnCc
(7) ⇡ Kybernetik ist nach ihrem Begründer Norbert Wiener die Wissenschaft der Steuerung und Regelung von Maschinen und deren Analogie zur Handlungsweise von lebenden Organismen (aufgrund der Rückkopplung durch Sinnesorgane) und sozialen Organisationen (aufgrund der Rückkopplung durch Kommunikation und Beobachtung). Sie wurde auch mit der Formel „die Kunst des Steuerns“ beschrieben. (Wikipedia: Stand 23. Oktober 2022; Norbert Wiener: Kybernetik; Econ-Verlag 1963)